Markenmodernisierung. Ein einfaches Wort für einen komplexen Vorgang. Insbesondere, wenn es sich um eine Marke handelt, die das Leben von weltweit über 225 Millionen Menschen betrifft und die bei Kunden große Sympathie, bei Branchenkennern eine positive Grundeinstellung und bei Mitarbeitern ein unerschütterliches Bekenntnis zum Unternehmen hervorruft.
Warum also etwas ändern? Warum etwas so Einzigartiges mit hohem Wiedererkennungswert und, wenn man so will, Kultcharakter aufs Spiel setzen? Unser Markenlogo „Mads“, der Elefant (der nach einem unserer ersten Kunden benannt und von Gabe Campodonico entworfen wurde), hat uns würdig vertreten und war stets standhaft, während andere Marken sich einer Runderneuerung unterzogen, ein neues Design erhielten oder schlicht vom Markt verschwanden. Aber ein Logo allein macht noch lange keine Marke.
Die einfache Antwort lautet: Der Markenauftritt brauchte einen Wandel, weil wir uns gewandelt haben. Die Anforderungen an die Aufmerksamkeit der Menschen haben sich gewandelt. Die Art und Weise, in der unsere Produkte von ihnen genutzt werden, hat sich gewandelt. Und in unserer Marke spiegelte sich nicht mehr das Unternehmen wider, für das es entwickelt wurde.
Wir werden immer in unserer Tradition und in der Vision unseres Gründers Stepan Pachikov verwurzelt bleiben, die besagt, dass Evernote eine Möglichkeit ist, sich alles zu merken, eine Erweiterung des Gehirns, ein Ort, um die ständig wachsende Informationsflut zu bewältigen, die unsere biologische Evolution längst abgehängt hat. Aber um als Unternehmen für die nächsten hundert Jahre zu bestehen, bedarf es einer gewissen Selbstreflexion. Wenngleich unsere Marke durch ein großartiges Logo präsent war, basierte sie auf einem System, dem es an Flexibilität mangelte, und einer Markenstrategie, die nicht zur Ausrichtung der Unternehmensentwicklung passte.
Es ist nun also an der Zeit, den Wandel auch zu signalisieren. Evernote ist in den vergangenen zehn Jahren gewachsen und hat seine ursprüngliche Mission erweitert. Unsere Marke muss jetzt nicht nur das Kernprodukt widerspiegeln, sondern auch das Unternehmen in seiner heutigen Form mit über 225 Millionen Nutzern in 124 Ländern und 25 Sprachen sowie die zukünftige Ausrichtung des Unternehmens. Eine Marke, die mit einem Unternehmen mitwachsen kann, das bereit ist, in neue Bereiche vorzustoßen und neue Zielgruppen zu erreichen. Eine Marke, die für etwas steht.
Bestimmung unserer Aufgabe
Als wir uns fragten, wofür wir eigentlich stehen, führte dies zu einer Reihe von Antworten. Keine von ihnen war per se falsch, sie alle spiegelten Aspekte unseres Tuns wider: Wir helfen dir dabei, dir alles zu merken; alle wichtigen Dinge zu erfassen und wiederzufinden; dich besser zu organisieren; produktiv zu sein; Ideen in die Tat umzusetzen; mit anderen zusammenzuarbeiten. Ja, wir machen all das, aber wir wollten zum Warum vordringen, nicht zum Was. Warum streben wir danach, Produkte zu entwickeln, die es dir ermöglichen, all diese Dinge zu erreichen? Warum kommen wir jeden Tag aufs Neue zur Arbeit. Weil uns wichtig ist, was dir wichtig ist. Wir wollen dir helfen, dich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Und sobald wir uns einig waren, dass dies unser Platz in der Welt ist, wurde auch der Prozess zum Aufbau eines Markensystems, in der sich unsere Aufgabe widerspiegelt, klarer. Wir hatten unseren Schwerpunkt gefunden.
Wir wollen ehrlich sein
Es ist einfach, eine hochgesteckte Aufgabe und ein inspirierendes Leitbild für sich zu verfassen. Oder sich in kraftvolle Worte und ein auffälliges neues Logo zu verlieben. Aber die wahre Herausforderung während des gesamten Redesigns besteht darin, sich ständig daran zu erinnern, warum man diesen Weg eingeschlagen haben. Veränderungen sind schwer. Und es kann mühsam sein, ein Team von talentierten, intelligenten und leidenschaftlichen Menschen auf die selbe Zielrichtung einzuschwören. Deshalb haben wir uns in jeder Phase des Prozesses folgende Fragen gestellt:
- Signalisiert das, was wir tun, einen Wandel?
- Ist es unterscheidbar (innerhalb und außerhalb unserer Kategorie)?
- Verkörpert es die DNS unserer Marke? (Reduziert auf vier Worte: optimistisch, klug, selbstbewusst und klar.)
- Ist das System flexibel und erweiterbar?
- Ist es besser als das, was wir bereits haben?
Und so begann es.
„Also, … töten wir den Elefanten?“
Diese Frage stellten sich alle, und die Antwort darauf wollten manche gar nicht erst kennen. Die Möglichkeit einer drastischen Veränderung sorgte innerhalb der Herde für eine leichte Spannung. Es fanden Gespräche mit fremden Agenturen statt, hinter verschlossenen Türen, in geheimnisvollen „Lagezentralen“. Die Leute waren nervös. Und während unsere Instinkte – als Kreative und Marketingfachleute – uns laufend versicherten, dass das Töten von Mads eine dumme Idee wäre, mussten wir einfach wissen: Wie würde unsere Marke ohne unser liebenswertes Logo aussehen? Also baten wir unsere Partner von DesignStudio darum, sich weit aus dem Fenster zu wagen, uns Angst zu machen, uns zu verunsichern. Sie sollten alles erkunden, von einer leichten Überarbeitung bis hin zu einem kompletten Neuanfang. Diese Aufgabe erwies sich als ziemlich umfangreich, vom Ermitteln anderer „Elefantenmarken“, die weltweit verwendet werden, bis hin zum Erweitern der Abstraktionsgrenzen.
Diese Erkundung brachte zahlreiche feste Meinungen und Debatten hervor, führte uns aber letztlich zu der Idee einer wohldurchdachten Weiterentwicklung des vorhandenen Designs anstelle einer radikalen Veränderung zurück. Es war genau das Richtige. Wir wollten Veränderung signalisieren, nicht uns selbst in den Fuß schießen. Unsere Kunden, Community und Mitarbeiter hatten alle ein Faible für Mads. Also wandte sich der Dialog nach erheblichen Anstrengungen – und weil wir einen kollaborativen und verständnisvollen Partner hatten – schließlich der Frage zu, welche Aspekte unserer aktuellen Bild- und Wortmarke funktionierten, welche nicht und wie man sie weiterentwickeln konnte.
Mads wird einer Verjüngungskur unterzogen
Wenngleich Mads ziemlich gut gealtert ist, galt es, einige strukturelle Aspekte auszubügeln. Als Erstes wollten wir seine Geometrie abrunden, die Kanten weicher gestalten, damit er ausgeglichener wirkt. Dies sorgt für einen besseren Fluss im Freiraum und optimiert letztlich den Weißraum um die Marke. Wir zogen in Erwägung, auf den Knick im Ohr – der sowohl an die Eselsohren einer Buchseite als auch an das gängige Symbol für Dokumente erinnert – zu verzichten, entschieden uns stattdessen aber dafür, unsere Vergangenheit zu ehren, indem wir seine Bedeutung weiter hervorhoben und den Knick etwas größer machten. Diese Entscheidungen erwiesen sich auch in Hinblick auf Skalierungsprobleme und die Wiedererkennung als hilfreich. Der Rüssel wurde zu einer leichten Spirale gekrümmt, einem Symbol des Fortschritts, und die Stirn erhielt eine gewisse Neigung, um ein Gefühl von Vorwärtsdrang zu vermitteln. Auch das Auge wurde weicher gestaltet, um eine Wirkung von Zugänglichkeit und Gelassenheit zu erzielen – im Gegensatz zu der bisherigen Halbmondform, die mal als „lächelnd“, mal als „wütend“ wahrgenommen wurde.
Schließlich widmeten wir uns der Farbgebung. Da unsere beiden bekanntesten Markenassets der Elefant Mads und die Farbe Grün waren, lag es auf der Hand, die beiden zu kombinieren. Zu unserer großen Überraschung dachte ohnehin jeder, dass Mads grün sei. Aber das war er nicht und ist es auch nie gewesen. Er war schon immer grau, wie es Elefanten nun einmal sind. Aber seine graue Farbe stand in schlechtem Kontrast zu dem grünen Farbverlauf und wirkte etwas altbacken. Also gaben wir ihm unsere charakteristische Farbe, die wir bei dieser Gelegenheit zu einem reineren Grün abänderten, als wir es bislang verwendet hatten. Nach einigen weiteren Feinabstimmungen und Diskussionen über winzigste Details gelangten wir schließlich an den Punkt, der sich stimmig anfühlte. Dürfen wir vorstellen … der neue Mads:
Wir stehen zur Serife
Unsere alte Wortmarke aus Großbuchstaben nutzte eine Schrift mit betonten Serifen (Caecilia), die uns über die Jahre gute Dienste geleistet hat. Aber bei den ganzen Finessen von Mads brauchten wir etwas, das plakativ und ausgewogen war und das die starke, grüne Bildmarke gut ergänzen konnte.
Wir diskutierten und untersuchten den Wechsel zu einer serifenlosen Schrift. Eine solche Schrift schien moderner und repräsentativer für den gesamten Technikbereich zu sein. Aber als wir uns Beispiele dieser Art neben Mads ansahen, fühlten sie sich unmotiviert an, strahlten keinen Charakter aus und schienen nicht wie wir zu sein. Uns gefiel die elegante literarische Anmutung einer fetten Serifenschrift, die übrigens eine weitere Anspielung auf unsere Vergangenheit und eine Verbindung zu unserem Gründer Stepan Pachikov und seinem unerschütterlichen Glauben an die Bedeutung der Digitalisierung des geschriebenen Wortes darstellt. Wir sind schließlich bei Publico gelandet, einer Serifenschrift, die viele Anregungen aus dem zeitgenössischen Schriftdesign aufgreift, aber dennoch zeitlos wirkt. In reinem Schwarz behauptet sie sich gut gegen das rein grüne Bildzeichen und bringt es richtig zur Geltung. Sie passt perfekt zu unserer DNS aus Vertrauen und Klarheit und sorgt für ein attraktives Gleichgewicht zwischen den Elementen.
Das Logo ist nicht das Wichtigste
Zwar ist das Logo der unmittelbar sichtbare und wiedererkennbare Teil unserer Marke, aber daneben haben wir auch ein besonderes Augenmerk auf die Entwicklung eines Systems von Farben, Formen, Mustern und Fotografien gerichtet. Diese visuellen Elemente machen den Großteil dessen aus, was die Kunden im Rahmen ihrer Interaktion mit einer Marke zu sehen bekommen. Durch ihren wiederholten und konsistenten Einsatz vermitteln sie fortlaufend eine Bedeutung und sorgen damit für die Wiedererkennung und das Gewahrsein von Evernote. Das Konzept und die Anwendung dieses Systems wirkt sich daher auf einfach alles aus, von der einfachsten E-Mail bis hin zu unserem wichtigsten Marken-Asset: dem Produkt selbst.
Illustrationen
Wie viele andere globale Technologieunternehmen auch, haben wir sowohl in unseren Kommunikationsmedien als auch in unserem Produkt schon immer Illustrationen als Gestaltungselement eingesetzt. Unser Illustrationsstil lag zwar im Trend, machte aber keinen Unterschied. Beim Betrachten unserer Wettbewerber und anderer Marken, mit denen unsere Zielgruppe interagiert, stellten wir fest, dass es hinsichtlich der Farbpaletten und des Illustrationsstils ein stilistisches „Meer der Gleichförmigkeit“ gab. Wir wollten uns davon abgrenzen und gleichzeitig die DNS unserer Marke durch ein Konzept verkörpern, das in unserer Kernaufgabe begründet ist. Wenn wir das Thema Fokus und Organisation ansprechen, geht es bei der Organisation in Wirklichkeit um Aufteilung bzw. Abtrennung. Beim Fokussieren geht es nicht um die Abwesenheit aller übrigen Aspekte, sondern darum, jeden einzelnen Aspekt der Reihe nach anzugehen. Unsere Partner von DesignStudio griffen diese Idee auf und entwickelten einen einzigartigen und differenzierenden Stil mit einfachen Formen und eingeschränkter Farbpalette, der durch ein System von Mustern mit einer eigenen Symbolsprache bestimmte Texturen und Strukturen hervorbringen. Das Design zielt darauf ab, darzustellen, dass jeder Mensch seine eigene Art und Weise mitbringt, um eine komplexe Welt zu organisieren.
Farbgebung
Nachdem wir uns entschieden hatten, die Bildmarke von Grau auf ein kräftiges, reines Grün umzustellen, haben wir uns darauf festgelegt, diese Farbe nun auch wirklich in Besitz zu nehmen. Die Farbe Grün war in unserem Bereich schon immer einzigartig für uns, und sie diente uns vom ersten Tag an, an dem wir im App-Store für iOS auftauchen, als visuelles Unterscheidungsmerkmal. Um sie zu betonen und auszubalancieren, entschieden wir uns für eine begrenzte Farbpalette, die lediglich um ein sekundäres Lindgrün als Akzentfarbe ergänzt wurde. Daneben werden wir auch die starke Wirkung von Schwarz gegenüber Weiß einsetzen, damit wir den negativen Raum für die Striche unseres Illustrationsstils nutzen können. Und schließlich wird auch Grau mit von der Partie sein, da es für subtilere Kontraste im Produkt unverzichtbar ist.
Muster und Texturen
Bei den Mustern ließen wir uns von Vorstellungen im Zusammenhang mit unserer Marke inspirieren: Teamarbeit, Integrationen, Potenzial, Erfolge und natürlich die „wichtigen Dinge“. Die Formen, aus denen diese Muster bestehen, sind zudem als eigenständige grafische Elemente flexibel genug, um verkleinert als Textur, vergrößert und beschnitten als Abstraktion oder als Maske zum Hervorheben von Produktdarstellungen beziehungsweise als Behälter für Fotografien zu dienen. Der wichtigste Aspekt dabei ist jedoch, dass sie eine Bedeutung in sich tragen, die dem Betrachter vielleicht nicht bewusst ist, die aber durch klare Assoziationen auf einer tieferen Ebene wirkt. Und bei verschiedenen Gelegenheiten streuen wir einfach ein wenig davon ein. Es ist nur eine Kleinigkeit, die wir intern auch als „Immer besser-Feenstaub™“ bezeichnen.
Typografie
In Bezug auf die Typografie wollten wir die Verwendung von Publico auf unsere Wortmarke beschränken. Bei unserer Suche nach einer Display-Schrift haben wir uns in Soleil verliebt. Es handelt sich bei ihr um eine geometrische serifenlose Schrift, die offen, aufgeräumt und frisch ist und in der sich unser Kriterium der Klarheit deutlich widerspiegelt.
Aber auch über ihre Verwendung im Internet und in der Kommunikation hinaus haben wir Möglichkeiten gefunden, um etwas Spaß mit ihr zu haben und unseren Charakter durch typografische Kunst sichtbar zu machen. Diese plakativen Aufmachungen ermöglichen es uns, komplexe Ideen auf einfache Weise zu kommunizieren und unseren Standpunkt auf clevere Weise darzustellen. Und darüber hinaus eignen sie sich hervorragend für coole T-Shirts und tolle Kaffeetassen.
Fotografien
Als unser System und die einzelnen Bestandteile unseres Design-Kits Gestalt annahmen, war uns klar, dass nur Illustrationen und ein wenig „Immer besser-Feenstaub“ nicht ausreichen würden, die Markenkommunikation auf angemessene Weise zu unterstützen und zu fördern. Die wahre Stärke von Evernote liegt in den Menschen, die unsere Produkte verwenden, und in der Art und Weise, wie diese Produkte es ihnen ermöglichen, sich auf die Dinge zu konzentrieren, die ihnen wichtig sind. Es war an der Zeit, mehr über unsere Kunden zu berichten. Wir suchten nach einer Möglichkeit, Menschen zu präsentieren und ihre Geschichten zum Leben zu erwecken. Wir landeten bei einem einfachen Portraitstil, eine aufgeräumte Darstellung, die auch Platz ließe, um sie mit einigen unserer Formen und Muster zu schmücken. Diese Kombination ist einfach, aber dennoch originär.
Wenn man Personen präsentieren soll, aber nicht den Luxus der notwendigen Zeit hat, um aufwändig ein Foto zu produzieren, muss man auf Stockfotos zurückgreifen. Und die Stockfotografie ist – wie gut sie auch sein mag – der große Gleichmacher für alle Marken. Stockfotos sehen aus wie Stockfotos. Langweilig und steril. Jeder sieht am Ende gleich aus. Unser neues System verschafft uns die Möglichkeit, Fotos zu „entstocken“, was wichtig ist, um bei der Einführung eines neuen Markensystems einen gewissen Zusammenhalt zu gewährleisten.
„Dann ist jetzt aber alles fertig, ja?”
Natürlich sind wir nicht fertig. Wir befinden uns erst am Anfang dieser Reise und öffnen gerade den Vorhang für einen zweiten Akt – als Unternehmen und Marke. Nun beginnt die eigentliche Arbeit. Wie gut lässt sich das von uns geschaffene System in der realen Welt auf unser Marketing, unser Produkt und unsere Unternehmenssituationen anwenden? Wo wird es sich ausdehnen müssen, woran könnte es scheitern, wie wird es sich entwickeln? Das ist der Teil, der Spaß macht. Der Wandel. Die Konzentration auf unsere Botschaft und wie unsere Kunden, Partner und Interessenten darauf reagieren. Wir sind zuversichtlich, dass unsere Zukunft rosig aussehen wird, und wir haben jetzt das Gefühl, ein Fundament zu besitzen, um diesen Umstand besser zur Geltung zu bringen. Unser besonderer Dank gilt allen, die uns soweit gebracht haben, vor allem unseren Partnern von DesignStudio, die unglaublich kooperativ und verständnisvoll waren. Vielen Dank, dass ihr der denkwürdigen Herde dabei geholfen habt, eine neue Richtung einzuschlagen.